Berliner Mauerweg

Berliner Mauerweg am 10.11.2010

Die Fakten zuerst:

  • Start: 7:02 h in Lichtenrade, Mozartstraße
  • Sonnenaufgang: 7:16 h
  • Sonnenuntergang: 16:22 h
  • Ankunft: 16:43 h
  • Zeit unterwegs: 9 h 41 min
  • Fahrzeit lt. Fahrradcomputer: 8 h 40 min
  • Distanz lt. GPS-Tracker: 173,5 km
  • Max. Geschwindigkeit: 47 km/h
  • Schnitt: 19,3 km/h
  • Temperatur am Start: 0°C
  • Am Ziel: 7°C
  • Wetter: trocken, größtenteils sonnig

Die Motivation:

So manch einer stellt sich die Frage, wie man solch eine Distanz über z.T. schlechte Wegstrecke fahren kann und dazu auch noch im November, wo es kalt ist und es nur ca. 9 h Tageslicht gibt.

Meine Antwort darauf ist, dass man sich in allen Bereichen des Lebens hohe Ziele stecken kann und entsprechende Genugtuung erfährt, wenn die Umsetzung so funktioniert, wie es die Planung vorgesehen hat. Mit Sicherheit bleibt mir dieser Tag lange positiv in Erinnerung. In der Vergangenheit haben mich immer wieder sportliche Themen gereizt, die etwas verrückt sind oder ganz bestimmte Fähigkeiten erfordern, seien es Eierlauf, Bierkastenlauf um den Schlachtensee, 100 km Winterlaufserie, Berliner Funkturmlauf oder auch Drachenbootrennen – einige Urkunden zeugen noch davon.

 

Die Planung:

Ich habe die Tour bereits in 3 Etappen im Oktober 2006 absolviert, somit wusste ich in etwa, was mich erwartet. Damals war ich nach dem Buch von Michael Cramer „Berliner Mauerradweg“ gefahren und natürlich nach der Beschilderung. Mir war in Erinnerung geblieben, dass es immer wieder Stellen gibt, wo man nicht mehr sicher ist, ob man noch auf Kurs ist oder nicht. Außerdem „lebt“ der Mauerweg, d.h. bestimmte Passagen sind irgendwann nicht mehr nutzbar, sei es durch Bauarbeiten oder andere Umstände. Im Idealfall gibt es dann eine ausgeschilderte Alternativroute.

Diesmal ging ich gut vorbereitet an die Sache heran, ich habe mir einen GPS-Track für die Tour aus dem Web geladen und entsprechend als fahrbare Route präpariert und auf meinen Garmin etrex Vista HCx geladen. Planung am PC sozusagen. Zwei Tage vor Start habe ich die ersten 17 km der Strecke Probe gefahren um abzuschätzen, ob die Bekleidung angemessen ist, welches Tempo erzielbar ist und vor allen Dingen, ob das Abfahren der Route funktioniert. Wieder am heimischen PC habe ich dann die Durchgangszeiten für die Strecke geplant und wusste auch, zu welchem Zeitpunkt ich starten muß.

 

Die Umsetzung:

Kurz vor 7 Uhr noch ein kurzer Fototermin am Startort für einen Artikel in der Zossener Rundschau, der Lokalbeilage der Märkischen Allgemeinen Zeitung.

Dadurch bin ich 2 min. später gestartet als geplant, aber das war wohl unkritisch.

Die Nacht war kälter als viele der vorherigen und somit waren die Autoscheiben zugefroren und am Start war es um den Gefrierpunkt.

Bei der Wahl der Kleidung habe ich auf die Mehrschichten-Technik gesetzt und 3 Lagen Hosen und Trikot/Jacken angezogen, gute Sporthandschuhe, ein Schalkopftuch und eine Schirmmütze gehörten dazu.

Es hellte schnell auf, das Licht konnte ich bald ausschalten. Unterwegs traf ich viele Walker mit und ohne Stöcker, ein paar Jogger, ein paar sportliche und ein paar normale Radfahrer sowie Spaziergänger, die meisten mit Hund.

Eine Klingel empfiehlt sich, um ohne große Wartezeiten durchzukommen.

Die Strecke ist für normale Radfahrer teilweise zu schwierig, mehrere Steigungen mit zweistelligen Prozentzahlen – nach über 100 km denkt man über einen 14%-ter auch ganz anders als nach 40 km.

Durch den vielfach wechselnden Belag, z.T. brüchiger Asphalt vom alten Patrouillenweg, Sandboden, oft mit Laub bedeckt, diverse Pfützen, Matsch, Kleinsteinpflaster und auch wieder normale Straßen, Rad- oder Fußwege, kann man nur mit einem Rad mit Breitreifen antreten – die Strecke ist größtenteils untauglich für Rennräder.

 

Es gibt grundsätzlich die Frage: nutzt man die Strecke mit der Fähre von Wannsee nach Kladow oder fährt man durch Potsdam über Sacrow? Ich habe mich für die Strecke über Land entschieden, da ich die Fährstrecke schon kannte und keine Lust und Zeit hatte, bis zur nächsten vollen Stunde zu warten.

Es gibt viel zu sehen unterwegs: Wiesen, Wälder, Äcker, Häfen, Wohnsiedlungen sowohl alte als auch sehr viel neue. In Hennigsdorf konnte man gerade im Bombardier-Werk schicke nagelneue S-Bahnzüge für Nürnberg stehen sehen – da könnte sich die Berliner S-Bahn eine Scheibe abschneiden.

Und natürlich gibt es die geschichtsträchtigen Stellen rund um das alte West-Berlin, Mauerreste, Wachtürme, diverse Gedenksteine der Maueropfer. In Berlins Mitte dann ganz großes Kino: Bundestag, Reichstag, Hauptbahnhof, Brandenburger Tor usw..

 

Allerdings ist der Teil durch die Stadtmitte auch der unangenehmste: viel Verkehr, lautes Hupen, hektisches Treiben, rote Ampeln und vor allem schlechte Beschilderung. Wer hier auf Anhieb den korrekten Weg erwischt, kann sich glücklich schätzen.

Dank GPS-Navigationstechnik konnte ich diverse Schnitzer einigermaßen wieder korrigieren.

Was negativ in Erinnerung bleibt ist die Tatsache, dass inzwischen nicht nur die Anwohner am Griebnitzsee den öffentlichen Weg blockieren und ihrem Grundstück zuschlagen sondern auch einige Anwohner in Groß Glienicke. Überall sieht man Plakate der Bürgerinitiativen „Freies Ufer“ hängen.

 

Beim Griebnitzsee gibt es auch bereits eine neue Beschilderung für eine Parallel-Route – und die ist für an schicken und exklusiven Villen Interessierte wirklich eine Augenweide. In Potsdam scheinen sich viele zahlungskräftige Leute eingekauft zu haben.

Man muß staunen, welche lauschigen Plätze es auf dieser Tour zu sehen gibt, teilweise auf ehemaligem Ostgebiet, teilweise im alten West-Berlin.

Noch mal zur Streckenausschilderung: von 10 Schildern sieht man leider nur etwa neun, das ist wie beim Suchbild mit 10 Fehlern – der letzte hat sich gut versteckt. So gibt es Mauerweg-Wegweiser, die im Schatten von „Ende der Tempo 30-Zone“-Schildern völlig verdeckt sind, oder es sind Zusatzschilder unter anderen Markierungen, meist handtellergroß. Manchmal sind einfach die Sträucher im Vordergrund zu kräftig gewachsen, so dass man auch einige Schilder durch Blattwerk verdeckt vorfindet. Und es gibt natürlich auch Alternativrouten; es ist immer toll wenn ein Weg sowohl nach links als auch nach rechts weist…

 

Zusammenfassung:

Insgesamt eine tolle Erlebnisfahrt, für die meisten bieten sich drei Etappen an, die kann man ohne allzu große Blessuren überstehen, zwei sind schon ziemlich anstrengend, zumal man mit den Kilometern der ersten Etappe in den Beinen noch mal aufs Rad muß und An- und Abfahrt zu den Etappenabschnitten vorsehen muß, in einer Etappe ist es aber das Non plus ultra: nur 1x Anfahrt und nur 1x regenerieren…trotzdem: das Rad wird in den nächsten Tagen höchstens für die Kurzstrecke zum Bäcker eingesetzt.

Wer die vielen interessanten Häuser, Stadtansichten, Denkmäler oder auch das Schöne in der Natur fotografieren möchte, sollte 1-2 h zusätzlich an Zeit einplanen.

Ich denke ernsthaft darüber nach, diese Strecke als geführte Radtour anzubieten – natürlich nicht im November, sondern im Mai/Juni, wo das Tageslicht ausreichend lange für eine 12-Stunden-Tour reicht, mit entsprechend langen Pausen, versteht sich.

Ach so, der geneigte Leser mag sich fragen, wie es mir denn am Folgetag so geht…naja, die Beine sind etwas müde und ich komme etwas schwerer aus einem Sessel hoch – aber ansonsten alles top! Morgen geht es wieder auf eine 11 km-Wanderung.